2018-12-09 - Rhythmus ist wichtig

Have you tried to switch it off and on again?

Seit einigen Jahren hatte ich persistierendes Vorhofflimmern. Genauer gesagt:

"Vorhofflimmern, Steiltyp, regelrechte QRS-Breite mit 100ms, verzögerte R- progression über der Vorderwand, keine ST-Hebungen, keine diskonkardanten T-Negativierungen".

Alles halb so wild also, damit kann man schon leben. Die Auswirkungen waren: Müdigkeit, Schwindel, geringe Herzleistung, damit einhergehend Luft- oder Atemnot bei schon geringer Belastung. Aber dank der richtigen Medikamente eigentlich Beschwerdefrei, auch geringere sportliche Belastungen (z.B. Skifahren) war problemlos möglich. Wandern, mittlere Distanzen kräftiger bergan, dagegen zeigte mir bereits die Grenzen. Der Puls war dann schnell bei nahe 200, das darf nicht. Ausdauer war eher so bäääääh.

 

Kaum ist der Patient beschwerdefrei lebt er sein Leben einfach weiter. Leider erklärte mir mein Arzt damals nicht, ich sollte da schnell und dringend was dagegen unternehmen. Im Laufe der Zeit verhändert sich durch den falschen Rhythmus nämlich auch die Herzwand und macht den Erfolg einer Behandlung zunehmend schwierig. Also Leute: Schnell handeln!

 

Der erste Schritt bei einem solchen Befund lautet meistens Elektrokardioversion. "Have you tried to switch it off and on again?", also ein Elektroschock. Klingt interessant, das wollte ich ausprobieren. Minimalinvasiv, kein Messer, kein Blut, kein längerer KH Aufenthalt. Klingt verlockend.

 

Letzte Woche im Krankenhaus also war es soweit. Eigentlich keine große Sache. Morgens rein, im Idealfall Abends raus. Dazwischen Blutprobe, Puls, Befund und Zustand klären. Dann im Bett auf Intensiv, ordentlich und massiv verkabeln und Zack, fertig. Noch 2 Stunden am Monitor dem eigenen Herz beim piepsen zuhören und sich freuen daß das jetzt wieder so aussieht wie es sollte, dann heimgehen.

Im Großen und Ganzen war es auch so. 

 

Aber nicht ohne Grund wird das schon auf der Intensivstation durchgeführt, denn dort haben sie alles und jeden um bei Problemen (die Karre springt nicht mehr an, MasterBootRecord not found error, etc.) der Sache entschieden entgegen zu treten… Da wird es mir dann schon mulmig. 

2 Schock(Strom)pflaster auf Brust und Rücken, am groooooßen EKG und dem die eigentliche Arbeit machenden Defibrillator hängend mit Infusion im Arm denke ich mir dann schon: "Jungs und Mädels, verkackt es bitte nicht!".

 

Glücklicherweise bekommt man davon eh nichts mit, Kurznarkose. 15-30 Minuten später ist man eh schon wieder da, ich habe leider nicht auf die Uhr gesehen. Bei mir war es erfolgreich "im 2. Version mit 360 J-Schock biphasisch". Dankeschön liebes Team, das habt ihr gut gemacht. 

Muß man davor Angst haben? Nein. Tut es weh? Nicht direkt. 360 J sind eigentlich das Maximum was ein Defi im Normalbetrieb hergibt. Das fühlt sich dann schon noch 2 Tage lang so an als wäre etwas großes auf Dir rumgetrampelt. Die Rippen und Rückenwirbel knacken plötzlich ungewohnt (hat sich da vielleicht etwas Kalk gelöst?), der Muskelkater danach ist episch. Die Brandflecken auf Brust und Rücken sind nach einer Woche wieder weg. 

Würde ich es wieder machen? Sofort wenn nötig. Wie geht es jetzt weiter? "Einfach so. Hr. Weidner, erst mal Puls nicht über 120, nach 4 Wochen wieder auf normal steigern und dann: Ein schönes Leben noch. Rufen Sie an wenn's sich's komisch anfühlt." Die Medikamente nehmen Sie jetzt erst mal schön alle weiter, in 2 Monaten reden wir da nochmal drüber. 

 

Jetzt sieht es so aus wie auf dem Bild oben. Ich kontrolliere das zuhause mit einem "Beurer ME 90". Kein EKG für Profis, aber genau genug um eben dies zu kontrollieren.

Das EKG ist noch nicht ganz hübsch, aber das Herz braucht ca. 4 Wochen um sich an den neuen Takt zu gewöhnen. Dann sehen wir weiter. Außerdem ist auch nicht sicher, ob mir der neue Rhythmus auch bleibt, er kann wieder ins alte Muster zurückspringen. Es ist sogar wahrscheinlich. Dann zünden wir die nächste Stufe der Gegenmaßnahmen, die Ablation. 

 

Ich werde berichten.